Grünes Ammoniak: Schlüssel zur klimaneutralen Energiezukunft

ammoniak

 

Die globale Energiewende erfordert nicht nur den Umstieg auf erneuerbare Energiequellen, sondern vor allem praktikable Lösungen zur Speicherung und zum Transport dieser Energie. Strom aus Wind und Sonne ist volatil – seine Verfügbarkeit schwankt stark je nach Tageszeit, Wetterlage und Jahreszeit. Um dennoch eine zuverlässige, stabile Energieversorgung sicherzustellen, müssen geeignete Energieträger entwickelt werden, die überschüssige Energie speichern und bedarfsgerecht verfügbar machen.

Wasserstoff: Hoffnungsträger mit Hürden

In diesem Zusammenhang gilt grüner Wasserstoff als Schlüsseltechnologie. Er kann durch Elektrolyse von Wasser unter Einsatz regenerativer Energie gewonnen und vielfältig genutzt werden – sei es in der Industrie, im Verkehr oder zur Rückverstromung. Doch die praktische Umsetzung steht vor erheblichen Herausforderungen:

  • Geringe volumetrische Energiedichte erfordert aufwendige Kompression oder Verflüssigung.

  • Sicherheitsanforderungen im Umgang mit dem leicht entzündlichen Gas.

  • Fehlende Infrastruktur für Transport, Verteilung und Speicherung im großen Maßstab.

Grünes Ammoniak als Lösung

Eine vielversprechende Alternative ist grünes Ammoniak (NH₃), ein molekularer Energieträger, der kohlenstofffrei ist und im Gegensatz zu Wasserstoff leicht verflüssigt, transportiert und gespeichert werden kann. Die Herstellung erfolgt durch die Synthese von:

  • Grünem Wasserstoff, der per Elektrolyse aus Wasser erzeugt wird (unter Nutzung von Wind- oder Solarstrom),

  • und Stickstoff, der direkt aus der Umgebungsluft gewonnen wird.

Der Syntheseprozess basiert auf dem bewährten Haber-Bosch-Verfahren, das heute bereits weltweit zur Produktion von konventionellem Ammoniak eingesetzt wird – jedoch üblicherweise auf Basis fossiler Rohstoffe. Durch die Umstellung auf grüne Ausgangsstoffe und erneuerbare Energie wird daraus ein CO₂-neutraler Energieträger.

 

Warum Ammoniak?

Ammoniak (NH₃) besitzt mehrere Eigenschaften, die es besonders interessant machen:

Eigenschaft Bedeutung für die Energiewende
Kohlenstofffrei Keine CO₂-Emissionen bei Verbrennung oder Nutzung
Hohe Energiedichte Flüssig speicher- und transportierbar, effizienter als Wasserstoff in Gasform
Gut etablierte Infrastruktur Weltweit vorhandene Lager-, Transport- und Umschlagsmöglichkeiten
Verwendung als Wasserstoffträger In NH₃ gebundener H₂ kann bei Bedarf wieder abgespalten und verwendet werden
Vielfältige Nutzung Düngemittel, Energieversorgung, Schifffahrt, Industrie, Brennstoffzellen

 

Ammoniak (NH₃) rückt als vielseitiger Energieträger zunehmend in den Fokus, wenn es um zukunftsfähige Lösungen für eine CO₂-neutrale Wirtschaft geht. Ursprünglich vor allem als Grundstoff in der Düngemittelproduktion bekannt, gewinnt die Verbindung nun auch außerhalb der chemischen Industrie an Bedeutung. Denn Ammoniak vereint mehrere physikalisch-chemische Eigenschaften, die es zu einem besonders attraktiven Kandidaten für die Energiewende machen:

Erstens ist Ammoniak vollständig kohlenstofffrei – es enthält weder Kohlenstoffatome noch entstehen bei der Verbrennung CO₂-Emissionen. Dies macht es zu einem sauberen Alternativbrennstoff in Anwendungen, in denen eine direkte Wasserstoffnutzung technisch oder wirtschaftlich zu aufwendig ist.

Zweitens besitzt es eine höhere volumetrische Energiedichte als Wasserstoffgas und lässt sich bereits bei moderaten Bedingungen verflüssigen (−33 °C bei Atmosphärendruck). Damit ist es deutlich einfacher und effizienter zu speichern und zu transportieren – etwa in isolierten Tankcontainern oder auf Schiffen.

Ein dritter Vorteil: Die Infrastruktur für Lagerung, Umschlag und Transport ist weltweit bereits etabliert. Millionen Tonnen Ammoniak werden jährlich als chemischer Rohstoff gehandelt. Diese vorhandene Logistik kann künftig auch für grünes Ammoniak genutzt werden, was Investitionskosten reduziert und Markthochlauf beschleunigt.

Darüber hinaus eignet sich Ammoniak hervorragend als Wasserstoffträger: Der gebundene Wasserstoff kann bei Bedarf wieder durch thermochemische Prozesse abgespalten werden – das sogenannte „Cracking“. Damit eröffnet sich ein praktikabler Weg, um Wasserstoff über weite Strecken zu transportieren, ohne auf aufwendige Tiefkühl- oder Hochdrucktechnologie zurückgreifen zu müssen.

Schließlich ist Ammoniak äußerst vielseitig einsetzbar: Neben seiner Rolle in der Düngemittelherstellung kann es in der Strom- und Wärmeerzeugung, in Brennstoffzellen, als Kraftstoff in der Schifffahrt oder als Prozessgas in der Industrie eingesetzt werden.

Diese Kombination aus technischen Vorteilen, Infrastrukturverfügbarkeit und Flexibilität macht Ammoniak zu einem Schlüsselstoff für den globalen Umbau unserer Energiesysteme.

 

Herstellung von grünem Ammoniak

Die industrielle Herstellung von Ammoniak ist seit über einem Jahrhundert durch das Haber-Bosch-Verfahren geprägt – ein energieintensiver Prozess, der weltweit täglich in großem Maßstab betrieben wird. Während konventionelles (graues) Ammoniak überwiegend auf fossilen Energieträgern wie Erdgas basiert, beruht die grüne Variante vollständig auf erneuerbarer Energie. Damit wird ein wichtiger Schritt zur Dekarbonisierung der Chemie- und Energiewirtschaft vollzogen.

1. Gewinnung von grünem Wasserstoff

Die entscheidende Grundlage für grünes Ammoniak ist grüner Wasserstoff. Dieser wird durch Elektrolyse erzeugt – ein Prozess, bei dem Wasser (H₂O) in Wasserstoff (H₂) und Sauerstoff (O₂) aufgespalten wird. Die dafür benötigte elektrische Energie stammt vollständig aus erneuerbaren Quellen, typischerweise:

  • Photovoltaikanlagen (Sonnenenergie)

  • Windparks

  • Wasserkraftwerke

Da keine fossilen Brennstoffe zum Einsatz kommen, ist die Wasserstoffgewinnung CO₂-frei – im Gegensatz zur konventionellen Dampfreformierung, bei der Erdgas unter Freisetzung großer Mengen CO₂ gespalten wird.

Elektrolyseverfahren im Überblick:

  • Alkalische Elektrolyse (AEL): Technisch erprobt, geeignet für große Mengen.

  • PEM-Elektrolyse (Proton Exchange Membrane): Reaktionsschnell, ideal bei schwankender Stromzufuhr.

  • Festoxid-Elektrolyse (SOEC): Zukünftig relevant für Hochtemperaturanwendungen.

2. Stickstoffgewinnung aus der Luft

Neben Wasserstoff wird Stickstoff (N₂) benötigt – dieser wird über Kryodestillation oder Membranverfahren aus der Umgebungsluft extrahiert. Beide Methoden sind energetisch vergleichsweise effizient und erprobt.

3. Haber-Bosch-Synthese mit grünem Strom

Im nächsten Schritt werden Wasserstoff und Stickstoff im Haber-Bosch-Verfahren bei Temperaturen von 400–500 °C und Drücken von 150–300 bar chemisch zu Ammoniak (NH₃) umgesetzt:

N2+3H2→2NH3text{N}_2 + 3 text{H}_2 rightarrow 2 text{NH}_3

Während dieser Prozess in konventionellen Anlagen mit fossilen Brennstoffen betrieben wird (z. B. Erdgas zur Dampferzeugung), kann die grüne Ammoniaksynthese vollständig mit erneuerbarem Strom und elektrisch beheizten Reaktoren realisiert werden.

4. Energiebilanz und Systemintegration

Die Herstellung von grünem Ammoniak ist energieintensiv, aber im Kontext überschüssiger erneuerbarer Energie – etwa bei Windstrom in Norddeutschland oder Sonnenstrom in Nordafrika – eine sinnvolle Speicher- und Konversionslösung. Produktionsanlagen lassen sich zudem direkt mit Solar- oder Windparks koppeln (sogenannte „Power-to-Ammonia“-Projekte), wodurch Energieverluste und Netzbelastungen reduziert werden.

 

Anwendungen von grünem Ammoniak

Grünes Ammoniak ist weit mehr als nur ein alternativer chemischer Rohstoff – es besitzt das Potenzial, Schlüsselelement der globalen Energiewende zu werden. Durch seine hohe Energiedichte, die etablierte Infrastruktur und den CO₂-freien Charakter lässt es sich vielfältig einsetzen – sowohl als Energieträger als auch als Ausgangsstoff für industrielle Prozesse.

Die folgenden Anwendungsfelder zeigen, wie breit gefächert das Einsatzspektrum von grünem Ammoniak ist und wie es helfen kann, ganze Branchen zu dekarbonisieren:


Energieversorgung

In der Energiespeicherung spielt Ammoniak eine zentrale Rolle als Wasserstoffspeicher und Energieträger. Überschüssige Energie aus Wind- oder Solaranlagen kann über Power-to-Ammonia-Anlagen chemisch gespeichert und bei Bedarf in Form von Strom oder Wärme zurückgewonnen werden – ein idealer Baustein im Rahmen von Power-to-X-Konzepten.

  • Speicherform für Wasserstoff: Ammoniak dient als kompakte, transportfähige Form chemisch gespeicherter Energie.

  • Direkte Nutzung in Gasturbinen und Brennstoffzellen: Erste Pilotanlagen zeigen, dass Ammoniak direkt als Brennstoff verwertet werden kann – ohne den Umweg über Wasserstoff-Cracking.

  • Rückverstromung bei Bedarf: In sogenannten „X-to-Power“-Anwendungen kann die gespeicherte Energie wieder netzstabil eingespeist werden – etwa in Zeiten schwacher Wind- oder Sonnenleistung.


Chemische Industrie

Als Kernrohstoff der chemischen Industrie wird Ammoniak seit Jahrzehnten in großem Maßstab produziert und eingesetzt – insbesondere in der Düngemittelherstellung. Grünes Ammoniak kann hier fossil erzeugtes Ammoniak ersetzen, ohne dass bestehende Prozesse grundlegend verändert werden müssen.

  • Düngemittelproduktion: Ammoniumnitrat, Harnstoff und andere Stickstoffverbindungen lassen sich aus grünem Ammoniak ebenso gewinnen wie aus grauem – jedoch klimaneutral.

  • Alternative zu fossilen Rohstoffen: In weiteren Bereichen der Basischemie (z. B. Herstellung von Salpetersäure oder technischen Gasen) kann grünes Ammoniak fossile Ausgangsstoffe ersetzen.


Schifffahrt

Der maritime Sektor sucht dringend nach emissionsarmen Kraftstoffen, um die internationalen Klimaziele zu erreichen. Grünes Ammoniak ist hier ein vielversprechender Kandidat – nicht nur klimafreundlich, sondern auch logistisch umsetzbar.

  • CO₂-neutraler Schiffskraftstoff: Beim Einsatz in Schiffsmotoren entstehen keine Kohlendioxidemissionen.

  • Keine Partikel- oder Schwefelemissionen: Ein Vorteil gegenüber Schweröl und konventionellem Diesel.

  • Dual-Fuel-Technologien in Entwicklung: Motorenhersteller arbeiten an Lösungen, die mit Ammoniak betrieben werden können – erste Testschiffe sind bereits unterwegs.


Dekarbonisierung der Schwerindustrie

In industriellen Hochtemperaturprozessen – wie der Zement-, Glas- oder Stahlherstellung – ist die Elektrifizierung oft nicht praktikabel. Hier kann Ammoniak als klimaneutraler Brennstoff eine entscheidende Rolle spielen.

  • Ersatz für fossile Heizgase: Ammoniak kann als Gas direkt verbrannt oder als thermische Energiequelle genutzt werden.

  • Einsatz in Hochtemperaturprozessen: Dort, wo Temperaturen von über 1000 °C erforderlich sind, ermöglicht Ammoniak die Umstellung auf CO₂-neutrale Wärmeversorgung.

 

Präzise Mess- und Regeltechnik von WIKA für grünes Ammoniak

Die Herstellung, Lagerung, Verteilung und Nutzung von grünem Ammoniak stellt hohe Anforderungen an die Sicherheits-, Mess- und Steuerungstechnik. Denn Ammoniak ist nicht nur ein chemisch reaktiver Stoff, sondern auch toxisch, korrosiv, leicht flüchtig und in bestimmten Konzentrationen entzündlich. Gleichzeitig muss er unter hohem Druck, bei tiefen Temperaturen oder in explosionsgefährdeten Bereichen (Ex-Zonen) verarbeitet werden. Für den sicheren und effizienten Betrieb solcher Anlagen ist eine verlässliche und präzise Messtechnik unerlässlich.

WIKA bietet ein umfassendes Portfolio an Mess- und Regeltechniklösungen, die speziell für den Einsatz in anspruchsvollen Prozessumgebungen – wie sie in der grünen Ammoniakkette auftreten – ausgelegt sind.


Druckmessung – robust und medienresistent

Die Überwachung von Druck ist in allen Prozessschritten entscheidend – vom Synthesereaktor über Pumpen und Verdichter bis hin zu Lager- und Transportbehältern.

  • Mechanische und elektronische Druckmessgeräte für zuverlässige Messung von Betriebs-, Vakuum- und Differenzdrücken

  • Edelstahlgehäuse oder Sonderwerkstoffe wie Hastelloy®, Monel® oder PTFE-beschichtete Membranen für hohe Beständigkeit gegen Ammoniak

  • Prozessanschlüsse in hygienischer, genormter oder kundenspezifischer Ausführung

  • Optional mit Sicherheitsdruckentlastung, Schwingungsdämpfung oder Flüssigkeitsfüllung

Beispielhafte Produkte:

  • WIKA S-20 Industrie-Drucktransmitter

  • IS-3 Ex-geschützter Druckmessumformer für Zone 1/21

  • PGS23.100 mit elektrischer Schaltfunktion für kritische Anwendungen


Temperaturmessung – für extreme Bedingungen

Ammoniak wird oft bei tiefen Temperaturen gelagert (z. B. −33 °C bei Atmosphärendruck) und bei hohen Temperaturen synthetisiert. Die Temperaturüberwachung ist daher essenziell zur Prozessführung und Sicherheitssteuerung.

  • Widerstandsthermometer (z. B. Pt100) für präzise Temperaturmessung in Lagerbehältern, Rohrleitungen oder Reaktoren

  • Thermoelemente für Hochtemperaturprozesse in der Synthese oder bei der Verbrennung von Ammoniak

  • Messumformer mit HART-, PROFIBUS- oder IO-Link-Schnittstellen zur Integration in moderne Prozessleitsysteme

  • Optional mit Eigensicherheit (Ex-i) oder druckfester Kapselung (Ex-d)

Produktbeispiele:

  • TR10 Serie – konfigurierbare Temperaturfühler mit Schutzrohr

  • TC84 – besonders robust für extreme thermische Belastungen

  • T32 – digitaler Messumformer mit internationaler SIL-Zulassung


Füllstandmessung – sicher und kontinuierlich

Für die Überwachung von Füllständen in Lager-, Transport- und Reaktionstanks bietet WIKA verschiedene Lösungen:

  • Hydrostatische Füllstandmessung über Tauchsonden oder Differenzdrucksensoren

  • Magnetische Schwimmeranzeigen mit elektrischer Signalrückmeldung

  • Berührungslose Verfahren (Radar, Ultraschall) für kontaminationsfreie und wartungsarme Lösungen

  • Spezielle Ausführungen für Tieftemperatur-Anwendungen, z. B. in Ammoniak-Verdampfern

Produkte u. a.:

  • LF-1 – kompakter Füllstandssensor mit IO-Link

  • BNA Serie – Magnetanzeiger mit individuellem Schaltpunktsystem


Durchflussmessung – für präzise Prozessführung

In Anlagen, die Ammoniak als Flüssigkeit oder Gas transportieren, ist die Durchflussregelung ein zentrales Element für Energieeffizienz und Prozesssicherheit.

  • Thermische Durchflussmesser für Gase in kleinen bis mittleren Volumenströmen

  • Ultraschall- oder Differenzdruckbasierte Systeme für Flüssigkeiten

  • Kombinierbar mit Regelventilen, Datenloggern und Fernüberwachungssystemen


Normen, Sicherheit und Zertifizierungen

Für den weltweiten Einsatz – insbesondere in explosionsgeschützten Bereichen – erfüllt WIKA alle relevanten Normen und Richtlinien:

  • ATEX, IECEx, CSA, UL, EAC – zertifizierte Geräte für Ex-Zonen

  • SIL 2/3-fähige Sensoren für sicherheitsrelevante Anwendungen

  • ISO 9001:2015-zertifizierte Fertigung

  • Geräte mit DGRL-/PED-Konformität für Druckanlagen


Digitale Integration & Fernüberwachung

Neben der klassischen Sensortechnik bietet WIKA auch IoT-fähige Systeme zur Echtzeitüberwachung, vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance) und Prozessoptimierung – ideal für dezentrale Ammoniakanlagen oder global vernetzte Speicher- und Transportsysteme.

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